Therapie und Förderung

Hörfrühförderung und Familienbegleitung

6 - Förderungen und Therapien

Wird bei einem Kind eine Hörschädigung diagnostiziert, so besteht die Möglichkeit, Hörfrühförderung (interdisziplinäre audiologische Frühförderung und Familienbegleitung) in Anspruch zu nehmen.

Die gezielte Beratung und Begleitung der Eltern sowie die Hör- und Sprachförderung des hörbeeinträchtigten Kindes bilden die Hauptaugenmerke der Hörfrühförder-Einheiten. Durch genaues Beobachten und gemeinsames Tun können die individuell angelegten Fähigkeiten des Kindes erkannt und das Förderangebot kann den kindlichen Entwicklungsschritten angepasst werden.

Regelmäßige Hörmessungen, logopädische, entwicklungsdiagnostische und ergotherapeutische Verlaufskontrollen sowie HNO-ärztliche Kontrollen und eine enge Zusammenarbeit mit Hörgeräteakustikern/-akustikerinnen sowie Technikern/Technikerinnen bilden die Grundlage für die Hörfrühförderung.

Interdisziplinäre audiologische Frühförderung und Familienbegleitung findet einmal wöchentlich zu Hause oder bei Bedarf ambulant statt und ist für die Familien kostenlos. Die Verrechnung erfolgt über die zuständige Bezirkshauptmannschaft.

Sprachförderung und Therapie

6 - Förderungen und Therapien

Wie Sie Ihr Kind im Erwerb der Sprache unterstützen können:

Jedes Kind ist von Geburt an mit der Fähigkeit zur Sprache ausgestattet. Dennoch benötigt es dafür intensive sprachliche Zuwendung, ein so genanntes „sprachförderndes Umfeld“:

  • Spaß am Sprechen vermitteln
  • Gesprächsbereitschaft signalisieren
  • Sich Zeit für das Kind nehmen
  • Abwarten, was das Kind zeigen oder sagen möchte
  • Aufmerksam und interessiert zuhören
  • Nicht unterbrechen
  • Auf Augenhöhe des Kindes begeben
  • Dem Sprachniveau des Kindes ein kleines Stück voraus sein, das bedeutet beispielsweise:
    • Die Äußerung des Kindes aufgreifen und erweitern: „Auto“ – „Ja genau, da kommt ein Auto!“
    • Lautliche Unsicherheiten korrekt wiederholen (nicht ausbessern!): „Metterling!“ – „Ja genau, das ist ein Schmetterling!“
    • Lautäußerungen aufgreifen und mit Inhalt füllen: „brum“ – „Stimmt. Da kommt ein Auto!“

Das regelmäßige gemeinsame Spiel sowie das Anschauen von Bilderbüchern bieten viele Möglichkeiten, das Kind in seinen kognitiven und sprachlichen Fertigkeiten zu fördern und sein Wissen über die Welt zu vergrößern. Wesentlich dabei ist, dass es zu Beginn nicht darum geht, die Bücher vorzulesen, sondern lediglich gemeinsam anzuschauen. Das Vorlesen von Büchern wird in etwa um das dritte Lebensjahr interessant, da Kinder erst dann die notwendige Aufmerksamkeit und das entsprechende Sprachverstehen aufweisen.

Die Forschung zeigt, dass Eltern hörbeeinträchtigter Kinder in ihrer Kommunikation mit den Kindern gehemmter reagieren. Sie sind weniger aufmerksam für die Kommunikationsangebote ihrer Kinder und machen weniger Sprachangebote. Umso wichtiger ist es, hier achtsam zu sein und aktiv dagegen zu steuern.

Logopädische Therapie

Sollten Sie zu irgendeinem Zeitpunkt das Gefühl haben, dass die sprachliche Entwicklung Ihres Kindes stagniert bzw. sich nicht so weiterentwickelt, wie hier beschrieben, scheuen Sie sich nicht eine Logopädin/einen Logopäden aufzusuchen und sich fachliche Hilfe zu holen. Eine nicht altersentsprechende Sprachentwicklung führt zu vielen Frustrationserlebnissen und ist für Kinder ab einem gewissen Zeitpunkt sehr belastend, da sie ihre Bedürfnisse und Wünsche nicht oder nur eingeschränkt ausdrücken können. Eine logopädische Therapie ist für Kinder eine rein spielerische Angelegenheit und nicht belastend. Therapiebausteine werden kindgerecht erarbeitet und für Sie auch für zuhause aufbereitet. Die Kosten werden zu einem Teil von der Krankenkasse übernommen.

Gebärdensprache und Hörbeeinträchtigung

Die Gebärdensprache ist die „natürliche“ Sprache von hörbeeinträchtigten Kindern/Menschen, da sie mit Hilfe dieser Sprache unangestrengt kommunizieren.

Gebärdensprachen sind natürlich gewachsene Sprachen, wurden also nicht konstruiert. Daher gibt es in jedem Land eine eigene Gebärdensprache. In der Österreichischen Gebärdensprache (ÖGS) gibt es zum Beispiel, wie in vielen anderen Gebärdensprachen auch, Idiolekte, Soziolekte und Dialekte. Durch die Verwendung der Gebärdensprache entwickelte sich eine reichhaltige Kultur, die unter anderem auch künstlerische Ausdrucksformen aufweist – die Gehörlosenkultur.

Die Gebärdensprache ist auch aus Sicht der Linguisten eine vollwertige Sprache mit einer eigenen Grammatik, die sich von der deutschen Laut- und Schriftsprache unterscheidet. Die Gebärdensprachforschung belegt, dass Gebärdensprachen alle neurologischen Funktionen aufweisen, die für eine gesunde menschliche Entwicklung notwendig sind.

Das Erlernen der Gebärdensprache behindert den Laut- und Schriftspracherwerb in keinster Weise. Studien belegen, dass das Aufwachsen mit der Gebärden- und Lautsprache (also bilingual) nur Vorteile bringt. Das Denken und der Spracherwerb verhalten sich in den Gebärdensprachen gleichermaßen wie in den Lautsprachen. Bilingualität (beispielsweise der Erwerb der deutschen Sprache und der ÖGS) bedeutet für hörbeeinträchtigte Menschen einen großen Gewinn egal, ob diese die gesprochene Sprache mit Hörhilfen wahrnehmen können oder nicht. Hörbeeinträchtigte Menschen können so in jeglicher Situation flexibel auf die ihnen nun „angenehmere Kommunikationsform“ zurückgreifen, um zum Beispiel Vorträgen, Diskussionen etc. durch unter anderem DolmetscherInnen uneingeschränkt folgen zu können.

Es empfiehlt sich mit hörbeeinträchtigten Kindern von Geburt an zu gebärden, um ihnen von Anfang an einen vollwertigen Spracherwerb zu ermöglichen, egal mit welchen Hörbehelfen diese ausgestattet sind. Das tatsächliche Hörvermögen bzw. der Erfolg des Lautspracherwerbs lassen sich erst relativ spät erkennen. Oftmals zeigt sich erst in der Pubertät inwieweit die Hörbeeinträchtigung zur Barriere geworden ist. Hier ist die Möglichkeit die Sprache frei zu wählen, sich auch mit anderen hörbeeinträchtigten Menschen zu treffen und unangestrengt kommunizieren zu können in vieler Weise eine Erleichterung.

Kinder sehen, dass es auch erwachsene Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung gibt und haben Vorbilder, die oft ein positives Lebensgefühl vermitteln. Kontakt mit der Gehörlosengemeinschaft zu haben unter anderem auch in dem man die Gebärdensprache erlernt und beherrscht beugt Isolation und dem Gefühl der Unvollkommenheit („nicht so zu sein wie alle anderen/die Mehrheit“) vor.

Die Gebärdensprache ist seit 2005 in Österreich gesetzlich anerkannt. Laut UN-Konvention ist die sprachliche Identität von Gebärdensprachbenutzern/-benutzerinnen zu fördern und zu schützen.

Literatur

MIKADO-Tagesmütter und MIKADO-Tagesväter

MIKADO-Tagesmütter und MIKADO-Tagesväter bieten familienähnliche Betreuung für Kinder mit und ohne Behinderung an. Sie haben langjährige Erfahrung und sind dafür speziell ausgebildet.

Betreut werden Kinder vom Babyalter bis 15 Jahre in einer kleinen Gruppe von vier Kindern.

MIKADO-Tagesmütter und MIKADO-Tagesväter vernetzen sich ebenso mit anderen Expertinnen und Experten aus diversen Fachbereichen wie Frühförderung, Logopädie, Ergotherapie, Motopädagogik, Kindergartenpädagogik und Schule.

Heilpädagogischer Kindergarten und Kinderkrippe

Hörbeeinträchtigte Kinder, die zeitnah erfasst und technisch versorgt wurden, haben die Möglichkeit, eine ganz normale Kinderkrippe bzw. einen Regelkindergarten zu besuchen.

Das Förderzentrum Graz bietet als Unterstützung vor Ort eine mobile Sonderkindergartenbegleitung. Eine speziell ausgebildete und sehr erfahrene Sonderkindergartenpädagogin berät Kolleginnen und Kollegen im Kindergarten vor Ort, fördert spielerisch das hörbeeinträchtigte Kind und leistet wesentliche Sensibilisierungsarbeit für die ganze Gruppe. Die Kosten für diese Leistung übernimmt das Land.

Ebenso können hörbeeinträchtigte Kinder einen Heilpädagogischen Kindergarten besuchen. Hier erhalten sie regelmäßige therapeutische Unterstützung hinsichtlich der sprachlichen, motorischen, und Denk-Entwicklung von dem interdisziplinären Team des Kindergartens.

Das Konzept einer Heilpädagogischen Kinderkrippe existiert derzeit noch nicht.

Hörgeschädigtenpädagogik

Für hörbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche bzw. SchülerInnen mit AVWS (Auditiver Verarbeitungs- und Wahrnehmungsschwäche) im steirischen Schulraum besteht die Möglichkeit, dass sie über das FIDS (Fachbereich Inklusion, Diversität und Sonderpädagogik) durch BeratungslehrerInnen im mobilen Dienst während der gesamten Schulzeit begleitet und betreut werden.

Aufklärungsarbeit und Sensibilisierung im Umgang mit einem hörbeeinträchtigten Kind zählen zu den Hauptaufgaben der mobilen Lehrpersonen. Auch mit der Klasse, die das Kind besucht, wird zu Beginn intensiv gearbeitet, um eine adäquate Basis für das schulische und soziale Lernen ermöglichen zu können.

Die SchülerInnen in der Steiermark werden je nach Hörbeeinträchtigung bzw. Hörleistung und Kommunikationsbedürfnis nach ihren individuellen Möglichkeiten von den ausgebildeten Hörgeschädigtenpädagoginnen und -pädagogen, mit unterschiedlich hoher Gebärdensprachkompetenz, unterstützt und unterrichtet.

Das Angebot am Schulstandort „Rosenberg“ (VS Rosenberg und BG/BRG Kirchengasse) reicht von rein lautsprachlichem über gebärdenunterstützten bis hin zu bilingualem Unterricht (Lautsprache und Gebärdensprache = Unterrichtssprachen). Der Übertritt vom Kindergarten in die Volksschule sowie in weiterführende Schulen wird in einem gut vorbereiteten Prozess begleitet.

Arbeitsassistenz und Jobcoaching für Menschen mit Hörbeeinträchtigung von Jugend am Werk

Die Arbeitsassistenz unterstützt Menschen mit Hörbeeinträchtigung mithilfe von Gebärdensprache dabei, einen Arbeitsplatz zu finden oder zu behalten.

Angebot:

  • Suchen eines Lehr- und Arbeitsplatzes
  • Unterstützung, wenn der Lehr- oder Arbeitsplatz gefährdet ist
  • Vermitteln zwischen Arbeitskolleginnen, -kollegen und ihren Arbeitgeberinnen und -gebern
  • Information für Betriebe über die Beschäftigung von Menschen mit Hörbeeinträchtigung und spezielle technische Möglichkeiten

Das Jobcoaching unterstützt mithilfe von Gebärdensprache im Beruf.

Angebot:

  • Begleitung bei der Strukturierung des Arbeitsalltags
  • Unterstützung bei Umschulungen
  • AnsprechpartnerIn für alle arbeitstechnischen und sozialen Fragen
  • Sensibilisieren von Arbeitskolleginnen und -kollegen für eine gute Zusammenarbeit

Mobile Berufsausbildungsbegleitung durch das Förderzentrum für Hör- und Sprachbildung Graz

Die mobile Berufsausbildungsbegleitung des Förderzentrums Graz richtet sich an Jugendliche, die von einer Hörschädigung betroffen sind und entweder eine Lehre im Rahmen der dualen Ausbildung oder eine berufsbildende Schule nach Beendigung der Schulpflicht absolvieren.

Das Angebot umfasst:

  • Vermittlung von Übergangshilfen für Jugendliche, Eltern und Firmen
  • Berufsschulbegleitung (Vorbereitung, Begleitung an den Berufsschulen und Lernbetreuung)
  • Arbeitsplatzbetreuung im Rahmen der dualen Ausbildung
  • Vorbereitung und Begleitung im Zuge der Lehrabschlussprüfung