Leben mit einer Hörbeeinträchtigung: Kleinkinder
Wichtige Informationen
Die Entwicklung der Sprache stellt in diesem Alter einen der wesentlichsten Meilensteine dar. Jedes Kind ist von Geburt an mit der Fähigkeit zur Sprache ausgestattet. Dennoch benötigt es dafür intensive sprachliche Zuwendung, ein so genanntes „sprachförderndes Umfeld“.
Wie Sie Ihr Kind im Erwerb der Sprache unterstützen können:
- Spaß am Sprechen vermitteln
- Gesprächsbereitschaft signalisieren
- Sich Zeit für das Kind nehmen
- Abwarten, was das Kind zeigen oder sagen möchte
- Aufmerksam und interessiert zuhören
- Nicht unterbrechen
- Auf Augenhöhe des Kindes begeben
- Dem Sprachniveau des Kindes ein kleines Stück voraus sein, das bedeutet beispielsweise:
- Die Äußerung des Kindes aufgreifen und erweitern: „Auto“ – „Ja genau, da kommt ein Auto!“
- Lautliche Unsicherheiten korrekt wiederholen (nicht ausbessern!): „Metterling!“ – „Ja genau, das ist ein Schmetterling!“
- Lautäußerungen aufgreifen und mit Inhalt füllen: „brum“ – „Stimmt. Da kommt ein Auto!“
Das regelmäßige gemeinsame Spiel sowie das Anschauen von Bilderbüchern bieten viele Möglichkeiten, das Kind in seinen kognitiven und sprachlichen Fertigkeiten zu fördern und sein Wissen über die Welt zu vergrößern. Wesentlich dabei ist, dass es zu Beginn nicht darum geht, die Bücher vorzulesen, sondern lediglich gemeinsam anzuschauen. Das Vorlesen von Büchern wird in etwa um das dritte Lebensjahr interessant, da Kinder erst dann die notwendige Aufmerksamkeit und das entsprechende Sprachverstehen aufweisen.
Die Forschung zeigt, dass Eltern hörbeeinträchtigter Kinder in ihrer Kommunikation mit den Kindern gehemmter reagieren. Sie sind weniger aufmerksam für die Kommunikationsangebote ihrer Kinder und machen weniger Sprachangebote. Umso wichtiger ist es, hier achtsam zu sein und aktiv dagegen zu steuern.
Förderung
Kinderkrippe und Kindergarten
Hörbeeinträchtigte Kinder, die zeitnah erfasst und technisch versorgt wurden, haben die Möglichkeit, eine ganz normale Kinderkrippe bzw. einen Regelkindergarten zu besuchen.
Das Förderzentrum Graz bietet als Unterstützung vor Ort eine mobile Sonderkindergartenbegleitung. Eine speziell ausgebildete und sehr erfahrene Sonderkindergartenpädagogin berät Kolleginnen und Kollegen im Kindergarten vor Ort, fördert spielerisch das hörbeeinträchtigte Kind und leistet wesentliche Sensibilisierungsarbeit für die ganze Gruppe. Die Kosten für diese Leistung übernimmt das Land.
Ebenso können hörbeeinträchtigte Kinder einen Heilpädagogischen Kindergarten besuchen. Hier erhalten sie regelmäßige therapeutische Unterstützung hinsichtlich der sprachlichen, motorischen, und Denk-Entwicklung von dem interdisziplinären Team des Kindergartens.
Das Konzept einer Heilpädagogischen Kinderkrippe existiert derzeit noch nicht.
MIKADO-Tagesmütter und MIKADO-Tagesväter
MIKADO-Tagesmütter und MIKADO-Tagesväter bieten familienähnliche Betreuung für Kinder mit und ohne Behinderung an. Sie haben langjährige Erfahrung und sind dafür speziell ausgebildet.
Betreut werden Kinder vom Babyalter bis 15 Jahre in einer kleinen Gruppe von vier Kindern.
MIKADO-Tagesmütter und MIKADO-Tagesväter vernetzen sich ebenso mit anderen Expertinnen und Experten aus diversen Fachbereichen wie Frühförderung, Logopädie, Ergotherapie, Motopädagogik, Kindergartenpädagogik und Schule.
Frequenz- Modulations- Anlagen (FM- Systeme)
Für Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung stellen eine laute Umgebung oder sehr hallige Räume eine Herausforderung dar. In diesen Situationen kann die Sprachverständlichkeit beeinträchtigt sein. Eine große Unterstützung stellen die FM Anlagen dar, die bereits im Kindergartenalter eingesetzt werden können.
Auch mit Hörgeräten oder einem Cochlea Implantat (CI) ist ein ausreichendes Sprachverstehen in vielen Situationen nicht gegeben, beispielsweise, wenn sich der/die SprecherIn in der Schule oder dem Kindergarten in mehreren Metern Abstand befindet, die sprechende Person im Raum hin und her geht und dem Kind dabei den Rücken zuwendet oder wenn es laut ist. Eine FM-Anlage besteht aus einem Sender, den die sprechende Person am Körper trägt und einem oder zwei Empfängern, die über den Audioeingang mit dem Hörgerät oder dem Sprachprozessor des Kindes verbunden werden. Die Stimme wird über Funk direkt in das Hörgerät oder das CI des Kindes eingespeist. Das Hörgerät oder Cochlea Implantat muss von dem/der HörgeräteakustikerIn entsprechend programmiert werden.
Die logopädische Therapie
Sollten Sie zu irgendeinem Zeitpunkt das Gefühl haben, dass die sprachliche Entwicklung Ihres Kindes stagniert bzw. sich nicht so weiterentwickelt, wie hier beschrieben, scheuen Sie sich nicht eine Logopädin/einen Logopäden aufzusuchen und sich fachliche Hilfe zu holen. Eine nicht altersentsprechende Sprachentwicklung führt zu vielen Frustrationserlebnissen und ist für Kinder ab einem gewissen Zeitpunkt sehr belastend, da sie ihre Bedürfnisse und Wünsche nicht oder nur eingeschränkt ausdrücken können. Eine logopädische Therapie ist für Kinder eine rein spielerische Angelegenheit und nicht belastend. Therapiebausteine werden kindgerecht erarbeitet und für Sie auch für zuhause aufbereitet. Die Kosten werden zu einem Teil von der Krankenkasse übernommen.
Empfohlene Untersuchungen und Kontrollen
Die Hörprüfung bei Kindern - Pädaudiologische Messung
Bestehen Auffälligkeiten im Spracherwerb ist es wichtig, eine Untersuchung des Gehörs vorzunehmen!
Bei Kindern wird die Verfahrensweise der Hörmessung an das entsprechende Entwicklungsalter angepasst. Insbesondere im ersten Lebensjahr werden objektive Hörmessungen zur Diagnosestellung herangezogen, da die Mitarbeit der Kinder nur sehr eingeschränkt möglich ist.
Die Überprüfung der Hörhilfen ist allerdings nur mit subjektiven Verfahren möglich. Diese werden in den ersten beiden Lebensjahren spielerisch im Freifeld, also ohne Kopfhörer, durchgeführt (Spielaudiometrie). Dafür ist viel Erfahrung notwendig und es empfiehlt sich ein entsprechendes Kompetenzzentrum aufzusuchen.
Ab dem Schulalter können Hörmessungen problemlos bei niedergelassenen HNO-Fachärzten und HNO-Fachärztinnen durchgeführt werden.
Alle notwendigen Informationen zu Kontakten in Ihrer Nähe finden Sie in der Rubrik "Kosten und Anlaufstellen"!